Voller Neugier, was mich wohl erwarten wird, trete ich meine erste Schicht in den Zellenblöcken eins und zwei an. Sie meinten, es wäre was ganz besonderes dieser Blockbereich. „Sehr individuell gestaltet“, wenn ich mir nun aber den Trakt zu anschauen, dann schwant mir übles. Individuell heißt in diesem Fall wohl eher Baufällig – Aber was solls, meine Insassen sind ja nicht hier, um einen All-inklusive Service zu nutzen und sich zu entspannen. Obwohl, wenn ich mir es recht überlege, dann haben doch solch einen Service, ob man dies jedoch mit einem Stern bewerten kann sei mal dahin gestellt.
Ich nehm das äußere nochmal genau in Augenschein und ich denke mir, dieser Trakt steht nun schon so lange, da wird er diese paar Tage auch noch überleben.
Das rasseln von den schweren Schlüsseln hallt durch den Korridor, ich puste behutsam ein paar Spinnenhuddeln vor dem Schlüsselloch und stecke den Schlüssel mit großer Vorsicht hinein, nicht das das rostige Ding noch abbricht. Dies würde sicher Ärger von Aduya geben. Das Eisengitter ächzt und stöhnt, ich muss mich richtig dagegen drücken, um es öffnen zu können. Mit einem lauten Quietschen springt es auf und gewährt mir Einlass.
Das ist nun also mein zu Hause für die nächsten paar Tage. Naja, könnte schlechter sein denke ich mir und inspiziere ersteinmal alle Räumlichkeit. Was sehr schnell geht, da es nicht viel zu sehen gibt. Der größte Teil ist wegen Baufälligkeit gesperrt, das erklärt auch die Zusammenlegung der zwei Trakte. Einen Raum habe ich mir bisher aufgehoben, meinen. Ich schau die durch den Rost zerlöcherte ehemals ehrfurchterbietende Tür an und denke mir „das kann ja heiter werden“.
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Auch der innere Bereich ist kaum einer Rede wert. Eine kleine Pritsche, ein Schreibtisch samt Stuhl. Damit wäre auch schon alles aufgezählt. Mit meiner Hand streiche ich über die dicke Staubschicht auf dem Schreibtisch und hinterlasse ein tiefe Spur. Meine Stimmung ist gen Nullpunkt gesunken. Motivationslos lasse ich meine schwere Tasche auf den Boden plumpsen und mache mich direkt an die Arbeit Etwas anderes kann man hier ja auch schlecht machen. Aus meiner Tasche kram ich erst mal einen Bogenpapier und mein Füllfederhalter.
Regeln sind hier das A & O, deshalb mache ich mich auch direkt daran diese festzuhalten:
1. Der Aufseher hat immer Recht.
2. Wer wünsche äußert darf direkt den Boden wienern.
3. Wer eine Schlägerei verursacht muss auch die Spuren wieder beseitigen.
Und denke mir, dir sind schön kurz und knackig. Als nächstes mach ich mich an einen strukurierten Zeitplan.
05:00 Uhr Wecken
05:05 Uhr Vollzähligkeit
05:10 Uhr Frühsport
06:00 Uhr Frühstück
06:30 Uhr Dienstbeginn in der angewiesen Position
11:30 Uhr Mittagessen
12:00 Uhr Hofgang
13:00 Uhr Arbeit in der angewiesenen Position
17:30 Uhr Dienstende
18:00 Uhr Abendessen
21:00 Uhr Einschluss in der Zelle
21:15 Uhr Löschung des Lichts
So muss das sein. Ordnung ist eine Tugend. Zufrieden nehme ich den Zettel und hefte ihn an die Wand vor meiner Tür. Nun mach ich mich daran, den schweren Tisch aus dem Zimmer zu hieven und diesen im Gang aufzustellen. Mir rinnt der Schweiß von der Stirn, mein Weg wurde begleitet von einer derben Schimpftriade, doch es ist geschafft. Der Tisch steht nun richtig. Ich hole noch den Stuhl und stelle diesen hinter den Tisch. Meine Unterlagen, dich ich von dem Gefängnisdirektor Herrn Rothstein erhielt sind spärlich. Es sind nur Zettel, mit einem Namen. Wie soll man denn so vernünftig arbeiten? Da bin ich schon gespannt auf die Märchen, die mir die Neulinge auftischen werden. Wetten wir, sie enden alle mit dem Satz: Aber ich bin doch unschuldig und einem traurigen Blick?
Ich setze mich auf den Stuhl schaue auf meine Uhr und denke mir, bald ist es soweit. Bald kommen sie zum Einschreiben.
Beim erneuten Durchblättern der Akten flattert mich ein Eintrag entgegen
…wünsche Duschgel statt Seife…
Gez. hotzeltotzel
Ihn werde ich besonders im Auge haben, scheint ein kleiner Komiker zu sein. Aber nach seiner Zeit hier wird ihm das Lachen schon vergangen sein.
Während ich auf die ersten Ankömmlinge warte, blicke ich mich nochmal im Block um und denke mir insgeheim, vielleicht wird die Zeit hier doch nicht so schlecht werden.