Ich gelte als verrucht, Vamp und Femme fatale, das Sinnbild des puren Exzesses und der neuen, begehrenden Frau zugleich und als die Verkörperung des weiblichen Bohemiens. Meine exzessive Lebensweise sorgt immer wieder für Anstoß und Aufsehen. Ich ziehe Skandale förmlich an, nehme Morphin und Kokain, trinke pro Tag eine Flasche Cognac und prügele mich mit jedem, der sich mir quer stellt. Meine Hemmungslosigkeit verkörpert den wilden Drang meiner Generation zu leben, ohne Gedanken an eine schon verlorene Zukunft. Ich bin schon immer so, wie es die Deutschen erst durch die Inflation werden: verschwenderisch. Nicht aber aus Prasserei, sondern weil mir das Wort Zukunft völlig egal ist. Dadurch werde ich zum Idol der Inflation, zu ihrer Todesgöttin. 1925 werde ich komplett nackt für Otto Dix Modell stehen. Doch ich verkaufe meinen Körper nicht nur als Modell, sondern biete ihn auch physisch feil. Ich mache Schluss mit jeder preußischen Disziplin und bin berüchtigt für meine Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit. So manches Mal fiel ein Auftritt aus, weil ich betrunken war oder von Morphin und Kokain benebelt.
Eine Zeitgenossin über mich:
„Jemand sprach sie an, und sie sagte ,200 Mark.’ Allerdings entsprach dieser Betrag seinerzeit ungefähr dem Monats-Einkommen eines Ingenieurs. Ich fand das gar nicht so furchtbar. Irgendwie musste sie ja Geld verdienen“.
Anita Berber, Tänzerin