Langsam gehe ich auf die große Doppekltür zu, beide Katana in meiner Hand. Für den Notfall habe ich zwar auch eine Magnum dabei, aber die Genugtuung ist wesentlich größer sie auf traditionellem Wege zu töten als mit einem simplen Schuss...das ginge auch viel zu schnell. Sie sollen leiden.
In meinen Fingern breitet sich ein Gefühl von Taubheit aus als ich mit einer Hand die Klinke umschließe und scheinbar wie in Zeitlupe herunterdrücke. Was wenn sie nicht dort sind ? Was, wenn alles umsonst war ?
Als ich den großen Raum betrete drehen sich gleich mehrere Männer nach mir um. Zunächst erkenne ich niemanden wieder, dennoch kann ich an ihrer Kleidung erkennen, dass es sich hierbei um vollwertige Mitglieder handelt...etwa ein Duzend.
Keiner rührt sich, mein Blick wandert weiter durch den Raum zum anderen Ende des langen Tisches. Mein Herz scheint für einen kurzen Moment auszusetzen. Sie sind tatsächlich hier. Nagazaki, mein Ausbilder, und Kazuya, die Spitze der Yakuza.
Obwohl der Saal große Ausmaße hat, breitet sich ein unheimliches Schweigen aus...lediglich mein Atem vibriert um mich herum.
Im ersten Augenblick realisiere ich nicht wie sich einige der umstehenden Männer auf mich zubewegen, zu sehr bin ich gefangen von den zwei Augenpaaren die mir vom anderen ende des Saales kalt entgegenblicken und erst Kazuyas tiefe, dunkle Stimme bringt mich zurück.
"Halt. Welch...angenehme Überraschung das du uns hier beehrst...Suki. Ich nehme an das ich mich um ein neues Empfangskomitee kümmern muss ?", seine Stimme ist vollkommen neutral, sein Blick unberührt. Menschenleben hatten ihm noch nie etwas bedeutet. Während mir dieser Gedanke durch den Kopf geht wird mir jedoch bewusst, dass es mir egal ist...das mir die Menschen die ich gerade getötet hatte egal sind. Normalerweise hätte ich mich vor mir selbst erschreckt, aber hier und jetzt zählt nur Vergeltung...die Toten bis hierhin waren ein notwendiges Übel dabei gewesen.
"Du wirst keine Gelegenheit mehr dazu bekommen dich darum zu kümmern Kazuya.", erwidere ich nüchtern und umfasse die Griffe meiner Katana noch fester. Mir reicht es, ich will es endlich zu Ende bringen.
Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden greife ich die vor mir postierten Männer an, schwinge meine Schwerter und nehme wahr, wie sie die Luft um mich herum zu zerschneiden scheinen ehe sie auf ihr Ziel treffen und meinem Gegenüber mit einem Hieb die Hand vom Arm zu trennen. In einer fließenden Bewegung lasse ich eines der Katana im Schaft verschwinden um etwas flexible agieren zu können, während sich ein weiterer Angreifer auf mich stürzt. Seine Kicks sind präzise und es gelingt mir nur knapp ihnen auszuweichen, als ich einen dumpfen Schmerz im Rücken spüre.
Einer meiner Gegner hat mich erwischt und ich rolle mich zum Schutz ab, um anschließend wieder eine bessere Übersicht zu bekommen. Der Mann mit der abgeschlagenen Hand kniet am Boden, alle anderen haben einen Halbkreis um mich gebildet und beginnen damit mich abwechselnd oder in kleinen Gruppen anzugriefen. Schläge, Kicks, Schwerthiebe, Wurftechniken…in den letzten Monaten hatte ich noch nie die Gelegenheit gehabt mein traditionell erlerntes Können wieder einzusetzen, dafür werden in dieser Stadt einfach zu viele Schusswaffen eingesetzt. Wenn Moros in dieser Zeit nicht immer wieder mit mir trainiert hätte, hätte ich sicher keine große Chance gegen diese Anzahl an Gegnern, aber nach und nach lichten sich ihre Reihen, wobei auch ich nicht unverletzt bleibe.
Mein ganzer Körper schmerzt ob der kassierten Gegenangriffe und der Anstrengung, aber ich kämpfe weiter…spüre den Rausch des Kampfes, des Tötens und empfinde die Schreie meiner Gegner als Musik. Nur noch 4. Mein Atem ist im ganzen Saal zu hören und Schweiß tropft mir von der Stirn, während ich meine mich umkreisenden Kontrahenten versuche im Blick zu behalten. Die ganze Zeit über haben sich weder Kazuya und Nagazaki gerührt und von ihren Plätzen das Geschehen mit eiskalter Gelassenheit verfolgt, vollkommen egal was mit ihren Männern passierte schließlich waren es für sie nur Werkzeuge, Bauern in einem Schachspiel deren Aufgabe es nun mal war die Drecksarbeit zu erledigen und sich zu opfern.
Allerdings sollte ich versuchen das hier schnell zu beenden wenn ich mein Ziel noch erreichen will, sonst steht das mein Körper nicht länger durch. Meine Gegner sind gut ausgebildet, wenn auch noch etwas unerfahren, was mir zur Gute kommt…auch Dank der Techniken die ich in meiner Zeit hier in Chicago gelernt hatte konnte ich mich meiner Gegner schließlich entledigen. Mein Blick fällt auf die am Boden liegenden Toten, während mein Herz rast, das Blut durch meinen Körper rauscht und ich nach Luft schnappe. Wie durch eine Nebelwand höre ich ein Klatschen und schaue auf.
Nagazaki ist von seinem Platz aufgestanden und hat angefangen zu klatschen mit einem widerlichen Grinsen im Gesicht was ich ihm am liebsten sofort rausgeschnitten hätte.
„Bravo kleine Suki. Wie ich sehe hast du dazugelernt. Aber was jetzt ? Du hast dir doch nicht etwa in den Kopf gesetzt uns zu töten ?“, sein Lachen schallt durch den Saal während Kazuya mich lediglich mit seinen kalten Augen ansieht. Ein leichtes, lauerndes Lächeln umspielt seine Lippen.
Meine blutigen Hände zittern vor Anstrengung und fühlen sich taub an, meine Beine sind schwer und mein Brustkorb fühl sich an wie ein innerer Käfig der sich mit jedem Atemzug enger zusammenzieht. Rein körperlich sollte ich mich nicht darauf einlassen…bis hierhin hat es einfach zuviel Kraft gekostet, aber jetzt aufgeben ? So kurz vor meinem Ziel ? Die Chancen ihn in diesem entkräfteten Zustand zu schlagen sind relativ gering, aber wenn ich es nicht versuche werde ich mir ewig Vorwürfe machen. Langsam gehe ich mit steinerner Miene auf Nagazaki zu, achte nicht auf Kazuya der weiterhin recht entspannt in seinem Sessel sitzt und die Szene beobachtet.
„Du unterschätzt mich Nagazaki, dass hast du schon immer. Und jetzt wirst du sehen warum.“
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