"Beichten? Ich bin doch unschuldig!"
Mit einer fahrigen Handbewegung streiche ich mir über die Stirn und massiere meine Nasenwurzel, während die verlogenen Worte an den zerklüfteten Hängen meiner Hirnrinde verhallen wie der Todesschrei eines Wiesels.
Unschuldig! Niemand auf Gottes Erdenrund ist unschuldig, mein Sohn, denke ich doch ich sage: "Bekenne deine Taten und du wirst erlöst eigehen in das Elysium und frei von jeder Sünde wirst du an SEINER rechten Seite sitzen."
Für einen Moment steigt vor meinem Auge das Bild des Gottvaters auf, wie er dasitzt mit diesem verlotterten Elend an seiner Seite. Nein, sage ich zu mir selbst, du wirst brennen in der Hölle!
"Vater, so glaube mir doch! Ich habe nichts unrechtes getan!"
Nein, mein Sohn, nichts unrechtes hast du getan. Nichts unrechtes!
Mit einem langgezogenen Säufzer erhebe ich mich von dem schlichten Holzschemel, den mir der Wächter vor der Beichte in die Zelle geschoben hat. Deine Sünden sind auf ewig in Gottes Register eingeritzt, denke ich, während die graumelierten Spuren auf der Sitzfläche, Zeugen des jahrelangen Gebrauches an der vordersten Front im Kampf gegen Lüge und Verrat, zu Buchstaben und einzelnen Wörtern zu verschwimmen scheinen. Was steht dort...? Ich kann es nicht entziffern.
Langsam öffne ich die Zellentür und trete auf den Gang. Ein letzter Blick zurück. Er wird nicht erwidert.
Schon höre ich die schweren, stahlkappenbewehrten Stiefel der Gefängnsiwärter den Gang entlangstampfen. Dein kleines, verrottetes Leben hat hier ein Ende, Abschaum, denke ich, während mich meine Schritte in Richtung Gefängniskantine leiten.
Ich weiß nicht, was heute auf dem Speiseplan steht.
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