Heute mache ich mich auf den Weg, um ein paar Kleinigkeiten für meine Schlüppa zu besorgen. Sie waren so fleissig in Las Vegas und haben unser Image mächtig aufgebessert; muss wohl eine großartige Sache sein. Fatcap faselt andauernd etwas von 2,25 Millionen; dabei wiederholt er das Wort Millionen immerzu und betont das o so merkwürdig langgezogen: Milliooooooonen. Dann schüttelt er mit dem Kopf, murmelt soetwas wie "Aiaiaiai" und dann kommt wieder dieses "Milliooooooonen". Ich habe natürlich wie immer keine Ahnung, was er damit meint, aber das stört mich nicht sonderlich. Wichtiger ist doch, dass ich noch ein paar schöne Geschenke finde. Also geht's jetzt los in die Stadt.
Ich habe mir natürlich eine Liste gemacht. Jeder der mich kennt, der weiß doch, dass ich völlig durchorganisiert bin. Ich mache Listen und Notizen und rechne genau alles nach und .... hach, ich habe ja gar keinen Zettel geschrieben. Egal.
Michael bekommt einen kleinen Wecker - der scheint mir nötig zu sein. ChefCo und SnaCes haben noch keine Schlüppa-Schlüppa - das wird umgehend nachgeholt; im Doppelpack sind sie auch günstiger. Für Bonny finde ich eine schicke Schlafmaske - erholsamer Schlaf ist wichtig, wenn man so viele Verräter umnietet wie sie. Das wäre auch ein schönes Geschenk für Miss Schaf, aber sie hat immer so viel Mühe, ihre Woll... äh... Haarpracht allmorgendlich in Form zu bringen... da kaufe ich doch lieber einen Satz Lockenwickler für sie.
Vinnie bekommt einen neuen Füllfederhalter - er schreibt doch so gerne Briefe. Insane behauptet immer, er brauche nichts, aber ich weiß ganz genau, dass er schon lange scharf auf einen richtigen sauberen weißen Kittel ist, so wie echte Ärzte ihn tragen.
Für Nelson finde ich in einer kleinen Boutique einen wunderbaren Strickpullover mit Elch vorne darauf. Der hält schön warm. Inferus benötig unbedingt einen Sammelordner für seine Magazine, damit er sie mal ordentlich sortieren kann und eine Lesebrille - sicher ist sicher. Blacky bekommt ein Kochbuch mit französischen Rezepten - leider im Original, aber Elektra kann übersetzen. Paule darf sich über ein Waffenpflegeset mit extra Poliertuch freuen - seine Waffe ist seit Vegas so abgewetzt.
Für Elektra kaufe ich Kerzen, große, kleine, dicke, dünne. Sie hat so einen Verbrauch an den Dingern... tststs - da wird sie sich bestimmt freuen.
Alls ich gerade beim Zeitschriftenhändler nach einer "Lecker essen" für Fatcap suche, fällt mir eines dieser Wissenschaftsmagazine, die ich so gerne lese, in die Hände. Große Überschrift: "APOKALYPSE!"
Das macht mich neugierig und ich grabsche mir ein paar verschiedene Ausgaben von "Lecker essen", "Gut gefrühstückt ist halb geluncht" und "Darfs ein bisschen mehr sein" für Fatcap, schnappe mir die "Popular Science" und drücke dem Verkäufer einige Dollar in die Hand. Jetzt aber schnell nach Hause.
Im Hideout angekommen ist alles ruhig. Scheinen wohl alle ausgeflogen zu sein. Das trifft sich ganz gut, weil dann kann ich die Geschenke in Ruhe verpacken. Ein paar Meter Seidenpapier, unendlich viel rotes Band, zwei Pflaster und drei Gläschen Eierlikör gehen dabei drauf. Zweimal habe ich mir in den Finger geschnitten - böse scharfe Schere, mit der man morden könnte wenn man ein Killer wäre - aber schließlich habe ich es doch noch geschafft. Ich verstecke alle Päckchen in meinem Kleiderschrank und schnappe mir das "Popular Science Magazine". Bei einem Tässchen Kaffee mache ich es mir auf unserer Couch bequem.
Aber was ich da lese, erfreut mich nicht sonderlich. Zugegebenermaßen bin ich ausgewiesene Expertin, was außerirdisches Leben und paranormale Vorfälle angeht. So bin ich davon überzeugt, dass es in meinem Zimmer spukt, denn jeden Abend, wenn ich zu Bett gehe, liegt mein Superdelight Pro in der obersten Schublade des Nachtkästchens, obwohl ich ihn doch immer in der untersten hinter der Bibel verstecke. Auch ist jeden Tag mein Joghurt, den ich für meine Gesichtsmaske benötige, verschwunden. Das Glas steht dann leer und ungespült im Kühlschrank und immer wenn ich Fatcap frage, ob er weiß, wer den Joghurt genommen hat, dann sagt er, dass wir ein Kühlschrankwurmloch haben. Ich habe das dann auch mal mit Fleischwurst und Stinkekäse ausprobiert. Beides war verschwunden und Fatcap hat mir versichert, dass er nichts isst, was wie seine Füße riecht. Also kann er es nicht gewesen sein.
Wie dem auch sei - es ist nicht alles so wie wir es sehen! Und nun lese ich vom Weltuntergang. Schon morgen, am 21., soll alles ein Ende nehmen! Und ich bin nicht vorbereitet.
Panik steigt in mir auf. Sie schreiben etwas von eindeutigen Vorzeichen, Maya-Kalender, Hopi-Vorsehungen, Nostradamus-Prophezeiungen... mir wird ganz schwindelig. Und sie schreiben auch etwas von Schutzmaßnahmen.
Schutzmaßnahmen?
Wie soll ich mich vor den Reitern der Apokalypse schützen? Dem nahenden Weltuntergang? Invasionen von Aliens? Biblischen Plagen? Naturkatastrophen? Verstört sehe ich aus dem Fenster. Der Himmel ist irgendwie...
... voller lila Wolken.
Das sind die Vorboten des Endes. Ich kann den Anblick dieses mich verhöhnenden traumhaften Himmels nicht ertragen. Mit beiden Händen raufe ich mir die Haare; die teure Frisur rettet mich schließlich auch nicht. In einer weiteren Panikattacke reiße ich die Seite mit den "Schutzmaßnahmen" aus der Zeitschrift und renne in die Küche.
1. Basteln sie sich einen Helm aus Alufolie!
Nichts leichter als das. Bevor die Aliens meine Gedanken lesen und mich in meinem Versteck ausfindig machen, setze ich mir lieber einen Aluminiumfolienhelm auf. "Der Krieg der Welten" kommt mir in den Sinn und ich bastele mir vorsorglich auch noch einen Alu-Harnisch - man weiß ja nie.
2. Nehmen sie allen Schmuck ab!
Warum das? Vielleicht weil ich sonst die Blitze beim Unwetter auf mich ziehe?
3. Steigen Sie sofort auf den höchsten Gipfel in ihrer Umgebung!
Okay, da ist die Aussicht besser. Aber da sehen mich die Aliens auch sofort. Der Ratschlag kommt mir sehr hanebüchen vor.
Ich überspringe die nächsten Hinweise, weil die Zeit drängt und lese nur noch den letzten.
21. Bevor Sie das Haus verlassen, gehen Sie noch einmal zur Toilette!
Guter Plan.
Draußen kommt ein kräftiger Wind auf und der Himmel verdunkelt sich. Ich packe schleunigst ein paar wichtige Dinge zusammen, lege meine Rüstung an und bleibe auf halbem Wege stehen. Meine Schlüppas!
Schnell hole ich noch die Geschenke und lege alle auf dem Wohnzimmertisch aus. Obendrauf deponiere ich die Zeitschrift und kritzele schnell ein paar Worte auf einen Zettel. Dann stapfe ich zur Haustür und öffne sie mit einem schweren Seufzer. Es regnet in Strömen und ich bin überhaupt nicht ausgestattet für Sauwetter. Außerdem schwindet allmählich mein Interesse Maya-Kalendern und Hopi-Vorahnungen. Aber dennoch wird morgen der letzte Tag dieser Welt sein. Und ich soll im Sturm auf mein Ende warten? Dann bin ich wahrscheinlich schon vor Mitternacht im Reich der Toten.
Kurzerhand werfe ich die Tür zu und überlege kurz. Im Keller ist es trocken und wenigstens etwas wärmer als draußen. Und ein Keller ist sowieso der sicherste Ort überhaupt. Meine Entscheidung ist getroffen und ich steige hinab in den dunklen miefigen Keller, um mich dort zu verbarrikadieren. Als die Kellertür hinter mir ins Schloss kracht, weht mein kleiner Brief unter das Sofa...
"Meine allerliebsten Schlüppa,
das Ende ist nah. Ich rate euch dringlichst, damit wir eine Chance haben, folgt den Ratschlägen in diesem Wissenschaftsmagazin. Ich habe mich schon auf den Weg gemacht und hoffe, ihr schafft es auch rechtzeitig. Ich werde euch so sehr vermissen!
Ich würde euch gerne ein wunderschönes Fest und einen guten Start ins neue Jahr wünschen, aber das werden wir wohl nicht mehr er..krakelkritzel...
Eure Aduya"