Eintrag 6
Labyrinth im Dreivierteltakt
Schwer atmend schlufte der Portier die Treppen hinauf, waehrend er meinen Antrag studierte. Er schlackerte mit den Ohren, wenn er ueber einige Worte nachdachte. Seufzend schloss er die Tuer zu meinem voruebergehenden neuen Zimmer auf, bevor er mir den Schluessel in die Hand gab. Er verwies auf eine Wand mit einigen Hausordnungen und Tagesregeln, dann versprach er, sein Bestes zu geben, damit mein Antrag in die richtigen Haende fiel und verschwand wieder schlurfend. Ein schlichtes Mahl mit Schmalz, Brot und Gewuerzen stand mit einer Flasche Wein fuer mich bereit. Ich goss den Wein in den Spuelstein und fuellte die Flasche wieder mit klarem Wasser auf, von dem ich dann trank. Weisswein ist nichts fuer mich. Wenn es Roter gewesen waere, haette ich ihn getrunken. Mehr als 18 Stunden harrte ich auf eine Antwort. In der ganzen Zeit tat ich nichts als im Bett zu liegen und mir Gedanken zu machen, wie es weiter gehen sollte. Mir war klar, dass ein Entschluss gefasst werden musste, doch die Optionen, die mir bisher untergekommen waren, hatten keine Kompatibilitaet mit meinen Ambitionen. Sollte der Antrag durchgehen, dann wuerde ich mir ein Portal schaffen, in das bei interessiertem Ersuchen meine zukuenftigen eigenen Leute ihr Quartier bekommen. Mit ganz anderen Aussichten als ich sie selbst bisher zu Gesicht bekam. Allerdings wuerde ich selbst keine Gesuche aussenden sondern nur Hinweise an bestimmten Stellen verteilen, damit Wanderer, die sesshaft werden wollten, rein fuer sich ueberlegen konnten, ob sie beitreten wollen oder nicht. Keine Bedingungen ausser der zwei Regeln, dass eine maximale Anzahl nicht ueberschritten werden sollte, woraus sie allein schon erkennen koennten, ob noch Aufnahme genehmigt wuerde und sich mit dem Sinn einverstanden zu erklaeren, von dem dieses Portal beseelt sein wuerde. Ja, das waere wohl alles fuers Erste. Ein Gangster fiel mir schon auf, der geeignet waere, schon am Start mitzumachen, doch will ich ihm die Entscheidung selbst ueberlassen wollen, ob er kommt oder nicht, sobald er davon erfaehrt, dass es losgeht. Es gaebe auch schon wen, wer die Hinterhut bilden koennte und ich muesste mir eigentlich sicher sein, dass von dieser Seite aus eine Bestaetigung bereits am Keimen ist fuer den Fall der Faelle.
Gedanken, Gedanken, irgendwie machen die einen doch sehr schlaeflrig. Als es endlich soweit war und der besagte Mann auftauchte, der den Antrag zu genehmigen oder zu verwerfen hat, begriff ich, dass er sich noch im Zweifel befand, sonst haette er lediglich abgelehnt oder bestaetigt und sein Zeichen hinterlassen und der Portier waere wieder erschienen mit der Antwort. Als er vor mir stand, ne dicke Havanna zwischen den Lippen, eroeffnete er mir, dass es noch mindestens eine Woche dauern wuerde, weil er noch andere Absegnungen einholen wolle, denn er war nicht abgeneigt, doch allein entscheiden wolle er nicht. Es waere besser, wenn es ein paar mehr von der neutralen Liga absegnen wuerden, damit ich, erklaerte er, im kniffligen Falle, auf Unterstuetzung von dritter Seite hoffen koenne. Wenn ich also noch eins bis zwei Wochen ausharren wuerde und das Viertel nicht verliess, einige Jobs unerkannt erledigen und mich bis dahin unauffaellig verhalten wuerde, saehe er einer Befuerwortung positiv entgegen.
Ich verabschiedete ihn und legte mich wieder aufs Bett, liess die vergangenen zwei Wochen in Erinnerung passieren, kickte das in die vergessene Erinnerungsmuellhalde, was nicht so sonderlich sinnvoll verlaufen war und konzentrierte mich auf das, was ich positiv verbuchen konnte. Es gab drei Arten von Anreden und nur mit zweien stand ich friedlich in der Sonne, mit der mittleren jedoch stand ich von Anbeginn auf Kriegsfuss, und mit jenen, die sie nutzten von vornherein ebenso, gleich, wie sie sich sonst vom Wesen her zu Anfang zeigten, in der Nachfolge zeigten sie sich mir genauso im Fahrwasser, wie das, was ich von dieser ungeliebten Anrede hielt. Es war klar, dass diese Art nicht mit in dieses Portal kommen koennte, sonst waetre es von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Daher beschloss ich, noch etwas am Sinn der Seele zu feilen, damit ich mir keine faulen Eier ins Nest holen wuerde, die mich dann von innen aushoehlen koennten.
Es gab vier Wege in Chicago und ausgerechnet nur der dritte blieb mir uebrig, wenn ich nicht den vierten gehen wollte, der naemlich den Rueckweg anzeigt. Nun denn, mal schauen, was die naechsten beiden Wochen so mit sich bringen. Es ist als wuerde ich im Dreivierteltakt Mambo tanzen und haette den roten Faden im Labyrinth gefunden, der jedoch in der Mitte durchtrennt war und zwei Enden in verschiedene Richtungen zeigten mit Gefahren in allen Nischen. Welchem Ende wuerde ich folgen?